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21. September 2021
Wann wird´s mal wieder richtig Sommer – der Blogtext, der keiner werden wollte.

Oder doch?

Seit einer ganzen Weile schon möchte ich über Erwartungen schreiben – und über die Enttäuschung derselben.
Inspiration dafür war der titelgebende 70er Jahre – Ohrwurm, gesungene Illustration des allgegenwärtigen Sommerjammerns. Es ist hier ja mittlerweile auch kalendarisch so gut wie Herbst – gefühlt hatte der sich aber direkt an den letzten Winter angeschlossen und in der Luft war: großes Murren. Große Enttäuschung.

Darüber also philosophieren. Nur: wann wird´s mal wieder richtig Blog?
Anfangs schrieb ich ja jede Woche, dann jeden Monat, pünktlich. Dann nicht mehr so pünktlich.
Dann.. lag mein letztes öffentliches Nachdenken mit einem Mal mehr als drei Monate zurück.
In meinem Kopf: großes Murren. Große Enttäuschung.
Warum eigentlich? Es war doch nur Leben dazwischengekommen – Bewegung, Veränderung, Herausforderung.

Wo kommen sie immer wieder her, diese enttäuschten Erwartungen?

ENTtäuschung oder DESillusionierung sind ja tatsächlich nur das: Ende der Täuschung, der Illusion. Meist das Ende der illusorischen Erwartung, wir könnten vorhersagen, wie unsere Pläne sich entwickeln werden – und das Ende der Täuschung, wir könnten irgendetwas wirklich kontrollieren.
Den Sommer, die Kreativität, den ganzen Rest.
Natürlich mache ich als Masseurin, Tischlerin oder Sachbearbeiterin, Reinigungskraft oder Lehrerin Pläne, treffe Verabredungen und halte die ein. Tun wir alle. Aber wo immer es Sinn macht (und das macht es vielleicht häufiger, als wir denken), könnten wir unsere Energie auch einfach mal da einsetzen, wo sie freiwillig hinfliesst. Könnten unsere Bedürfnisse, Fähigkeiten und Grenzen respektieren, die aktuellen Gegebenheiten (an)erkennen und spontan entscheiden, was passt. Uns offen halten für das, was getan werden will – oder gelassen.
Womit wir nicht rechnen konnten.

Wäre es nicht schön, das JETZT nicht mehr permanent an dem zu messen, was sein könnte oder sollte, es nicht mehr einzuordnen und zu bewerten? Uns, unser Tun, das Wetter?
Weil, wie schade sonst um den regenverhangenen Wald und sein ganz eigenes Licht, schade um all das Wachsen und Blühen um uns herum, um die Besonderheiten genau diesen Sommers. Schade für uns.

Es kann so schön sein, wenn es von den Bäumen tropft.

 

 

Was ist das überhaupt, richtig Sommer?
Was wir gerade betrachteten, war die gemeine Wetterverdrossenheit, das Vermissen von Badetagen & co, wie es Rudi Carell schon vor 46 Jahren besang. Nicht so witzig für die Landwirtschaft – und in anderen Teilen der Republik musste die sich im Sommer 2022 statt mit zu viel mit zu wenig Regen auseinandersetzen. In komplexen Zusammenhängen stehen darüber hinaus die sogenannten Extremwetterereignisse mit ihren katastrophalen Folgen – alles in allem: die generelle klimatische Entwicklung. Hier sind wir mit dem Prinzip von Ursache und Wirkung konfrontiert, mit Verantwortung und der schieren Größe dessen, was Natur ist und schon immer war. Unsere Aufgabe liegt da wohl irgendwo zwischen der hohen Kunst der Demut und dem konkreten Suchen nach individuellen und kollektiven Wegen für diesen, unser aller Planeten.
Vielleicht schonmal näxten Freitag auf die Straße gehen?

 

Der Blogtext in seiner Essenz…
könnte vielleicht auch ein Koan sein – einer wie der, mit dem mich Claudia heute morgen erfreute:

Die glücklichste Jahreszeit

Die Blumen im Frühling – der Mond im Herbst,
Im Sommer die kühle Brise –im Winter der Schnee!
Wenn unnütze Sachen den Geist nicht vernebeln,
ist dies des Menschen glücklichste Jahreszeit!

Mumonkan (Koan Sammlung)

 


Und jetzt nochmal alle zusammen!

Wenn Ihr es noch nicht getan habt, könntet Ihr für die aktustische Nachhaltigkeit dieses Blogeintrags gern nochmal das ganz oben verlinkte Stück Schlagermusik hören. Die B_Seite der Single hiess übrigens HEUL NICHT. Ha.
Und falls ausser mir noch Populärkulturnerds anwesend sein sollten: Im Original ist die Melodie samt recht weißer USA_Romantik von Steve Goodman und wurde quer durch die Folk- wie die Country_ szene gecovert, bevor sie in Frankreich mit Liebe und in Holland mit Sommer angereichert wurde.

 

„Life is what happens to us…
while we are making other plans“, soll 1957 der Cartoonist Allen Saunders geschrieben haben –
die noch immer beliebte Version einer uralten Weisheit. Seitdem haben viele sich an diesem klugen Satz versucht,
ihn variiert und rhythmisiert – so, wie er 1980 dann auch von John Lennon in einem Schlaflied an seinen Sohn gesungen wurde. In meinen Gedanken war er heute beim Schreiben stets anwesend.

 

Ebenso wie…
„You can´t always get what you want“ – auch eine Variation des Themas Ewartungen.

 

Vielen Dank diesmal
an Alexandra und Lenka für den Hinweis, daß es absurd und irgendwie auch lustig wäre, kluge und federleichte Worte erzwingen zu wollen. In der Konsequenz wurde dieser Text dann geschrieben, als ich mir erlaubte,
ihn nicht zu schreiben.