आयुर्वेद oder āyurveda, es ist längst kein Geheimnis mehr, lässt sich mit „Wissen vom (langen) Leben“ übersetzen.
Die traditionelle Erfahrungswissenschaft hinter diesem Wissen, mit ihrer sehr greifbaren Nachvollziehbarkeit und der Betonung von Selbstverantwortung, ist ein großes Geschenk – sowohl für die Gesundheitsvorsorge als auch für den Umgang mit Krankheit.
Denn obgleich es sich im Detail um ein hochkomplexes, in jahrtausendealter Medizintradition überliefertes und zudem in Indien geborenes System handelt, ist die konkrete Anwendung auch für uns oft so überraschend klar, dass wir bis zu einem gewissen Grad alle Expert*innen unserer eigenen Gesundheit werden können. Wir können lernen, uns und unsere Situation besser zu verstehen. Wir können lernen, uns mit freundlichem und genauem Blick wertfrei zu betrachten; das, was wir sehen, logisch einzuordnen und mithilfe sehr pragmatischer Vorschläge einen Rahmen zu schaffen, der uns guttut.
Dieser Prozess beginnt im ayurvedischen Kontext meist mit einer ersten Einschätzung der konstitutionellen Verfassung. Wir beobachten das Wirken der drei doṣas oder Handlungspotentiale des Organismus – das, was im Körper Bewegung oder Übertragung auslöst (वात vāta ), transformiert (पित्त pitta) oder verbindet (कफ kapha). Leben passiert dabei immer im Zusammenspiel dieser Potentiale – und Gesundheit in ihrer Balance. Und je nachdem, wie gross der Einfluss von Vāta, Pitta und Kapha in unserem System ist, werden wir andere Stärken, Bedürfnisse und Schwachstellen entwickeln als unsere Nachbarin. Ein grundlegendes, intuitives Verständnis dieser Individualität ermöglicht einen kompetenteren und heilsameren Umgang mit unserer Realität – unabhängig davon, wie die gerade aussehen mag.
Unwohlsein oder Krankheit entstehen immer durch ein Ungleichgewicht – zu viel oder zu wenig von etwas. Gesund werden und/oder bleiben bedeutet zu lernen, den konstitutionellen Gegebenheiten entsprechend zu leben und, wo angemessen, ausgleichende Maßnahmen zu finden. Das kann eine kleinere oder grössere Ernährungsumstellung sein, die Integration ausgewählter ayurvedischer Prinzipien in den Alltag oder eine spezifische Yogapraxis. Es wird immer bedeuten, mit alternativen Gewohnheiten zu experimentieren, eine realitische Selbsteinschätzung zu schulen und sich für Aufrichtung, Würde und Kreativität zu interessieren. Es kann hilfreich sein, Balance mithilfe von Massagen zu unterstützen und immer auch, Gesundheit als einen dynamischen Zustand sowohl körperlicher, geistiger als auch seelischer Ausgeglichenheit zu verstehen.
Denn im Ayurveda ist Gesundheit mehr als die Abwesenheit von Krankheit.
Sie ist ein Zustand von Wohlbefinden, Resilienz und Zufriedenheit.