5. November 2020
Lasst uns was draus machen!
Es stehen uns sehr, sehr schwere Monate bevor, soll Angela Merkel neulich gesagt haben – eine Steilvorlage natürlich für die philosophisch Denkende in mir. Denn mal ganz im Ernst – schwer für wen, im Vergleich wozu, in welchem Kontext und: wo ist da schon wieder der Blick geblieben für die menschliche Freiheit, sich zu verhalten in ALLEM, was uns umgibt?
Ja, wir können gerade nicht alle unserem Beruf nachgehen, Nähe leben in der Form, die wir gewohnt sind oder alle Dinge tun, die uns wichtig erscheinen. Ja, vieles ist unklar, irritierend und vielleicht auch beunruhigend, es wird zudem absurd früh dunkel – und am Ende können wir das noch nicht mal gemeinsam in unserer Lieblingskneipe, unserem Stammcafé verarbeiten. Aber verdammt uns das zu schweren Monaten? Sehr, sehr schweren Monaten?
Da wage ich zu widersprechen.
Denn mal ganz abgesehen davon, wie alltäglich schwere Zeiten, Irritation und Beunruhigung für viele Menschen überall auf der Welt sind, wie direkt vielleicht auch der scheinbar grenzenlose, individualistische Freiheitsbegriff unserer Gesellschaft die Freiheit der „anderen“ einschränkt…
… ganz abgesehen davon liegt die Frage, wie die nächsten Monate und unser restliches Leben sich anfühlen werden, zu einem nicht unbedeutenden Anteil in unserer Hand. Wir alle werden involviert sein in die Färbung dieser Zeit, mit zuständig für ihre Ausgestaltung. Als Teil einer Gemeinschaft können wir jetzt wie immer entscheiden, eine Atmosphäre von Respek und verantwortlichem Handeln, Offenheit und gegenseitiger Unterstützung zu befördern. Unabhängig von Rahmenbedingungen und ihren polarisierenden Interpretationen.
Ein Schlüssel liegt dabei in der Realisation, dass die Welt sich für uns nicht in „die da oben“ und uns opferartiges Fußvolk einteilt. Dass wir, wie an anderer Stelle schon geschrieben, immer mitwirkender Teil der Strukturen sind, über die wir reden. Lasst uns dafür sorgen, dass unser Anteil ein möglichst hilfreicher ist. Sowohl in der Selbstfürsorge – der übernommenen Verantwortung für das eigene Wohlergehen – als auch im füreinander da sein, aufeinander aufpassen. Lasst uns im Gespräch bleiben – oder eines beginnen. Lasst uns den Herbst bunt und den Winter warmherzig machen, lasst uns immer wieder neue Wege finden, Gemeinschaft zu leben, den Tag für uns und andere ein wenig schöner zu gestalten, NATÜRLICH nicht zu denunzieren – und niemanden zurückzulassen.
Vorschlag der Woche: den Horizont erweitern.
..und die Fülle der Perspektiven wahrnehmen, wo immer es möglich ist – auch in kreativer Form. Filmfestival? Kein Problem, ausgestrahlt zum Beispiel ab heute Nacht bis nächsten Mittwoch vom eigenen, popcornbestückten Sofakino. Im passenden Rahmen könnte das immer wieder ein kleines Gemeinschaftserlebnis sein. Und der Beginn eines Gesprächs.
Nutzt die virtuellen Angebote, wenn Kulturschaffende sie möglich machen können, übertragt sie in Eure reale Welt – und bleibt in Kontakt mit der Lebendigkeit und Bewegung künstlerischen Ausdrucks.
Die Distanz überbrücken.
Wir können vielleicht nicht alle zusammen sein, aber wir können Postkarten schreiben! Die wunderbare Sunna Huygen beispielsweise hat neben ihren großartigen Fachwerkkalendern auch eine Auswahl selbstgestalteter Postkarten, die über mich angesehen und bezogen werden können. Und während Ihr diese dann mit Eurem Federkiel oder dem in der Kramschublade gefundenen Werbekuli beschreibt, unterstützt ihr neben der Künstlerin auch Medico International.
Den Herbst willkommen heissen.
…und alle seine Feste feiern, wie sie fallen. Mit immer wieder anderen Waldpartner*innen durchs Laub rascheln – vielleicht auch mit welchen, die das allein nicht tun würden oder können. Die Qualität des Lichts bewundern, die dieser Jahreszeit eigen ist – und die nicht so hilfreiche Einstellung von „und dann ist auch noch der Sommer vorbei“ durch ein Lächeln ersetzen.
Überhaupt: lächelt! Seid nett zu Euch und den anderen! Tanzt, vielleicht sogar in der Linie, mit einer anderen Individualsportlerin auf dem Wohnzimmerteppich – und denkt daran, dass der Wind und die sinkenden Temperaturen es nochmal ganz anders notwendig machen, auf die Bedürfnisse des Körpers zu hören. Tut Euch Gutes und bleibt gelassen!